businesspress24.com - MONITOR: Asylbewerber Oury Jalloh wurde vermutlich in Dessauer Polizeizelle umgebracht
 

MONITOR: Asylbewerber Oury Jalloh wurde vermutlich in Dessauer Polizeizelle umgebracht

ID: 1508294


(ots) - Der 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte
Asylbewerber Oury Jalloh wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit getötet.
Das geht aus Ermittlungsakten zu dem Fall hervor, die dem ARD-Magazin
MONITOR (WDR) vorliegen. Die Staatsanwaltschaft Halle will die
Ermittlungen dennoch einstellen.

Mehrere Sachverständige aus den Bereichen Brandschutz, Medizin und
Chemie kommen laut der Unterlagen mehrheitlich zum dem Schluss, dass
ein Tod durch Fremdeinwirkung wahrscheinlicher sei als die lange von
den Ermittlungsbehörden verfolgte These einer Selbstanzündung durch
den Mann aus Sierra Leone. Das sind die Ergebnisse der jüngsten
Gutachten und Brandversuche, die sich detailliert mit der Frage nach
dem Ausbruch des Feuers in der Arrestzelle beschäftigen.

Sogar der langjährige Ermittler der Staatsanwaltschaft Dessau, der
leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann, bislang ein Verfechter der
Selbsttötungs-Theorie, geht in einem Schreiben vom April dieses
Jahres daher von einem begründeten Mordverdacht aus. Er hält es
demnach für wahrscheinlich, dass Oury Jalloh bereits vor Ausbruch des
Feuers mindestens handlungsunfähig oder sogar schon tot war und mit
Brandbeschleuniger besprüht und angezündet worden sei.
Oberstaatsanwalt Bittmann benennt in dem Brief sogar konkrete
Verdächtige aus den Reihen der Dessauer Polizeibeamten.

"Angesichts der neuen Erkenntnisse ist die drohende Einstellung
des Verfahrens ein Skandal", so die Anwältin der Familie Jalloh,
Gabriele Heinecke, gegenüber MONITOR. Die Staatsanwaltschaft Dessau
hatte sich nach 12 Jahren Ermittlungen mit den neuen Erkenntnissen im
April an den Generalbundesanwalt gewandt, dieser hatte die Annahme
des Falles jedoch abgelehnt und ihn nach Sachsen-Anhalt zurück
verwiesen. Die im Anschluss befasste Staatsanwaltschaft Halle will
den Fall laut einer Erklärung vom 12. Oktober 2017 einstellen, weil




sich "keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine
Beteiligung Dritter an der Brandlegung" ergeben hätten. Eine weitere
Aufklärung sei nicht zu erwarten. Die Anwältin der Familie hat gegen
die Einstellung Beschwerde eingelegt und wird angesichts der neuen
Erkenntnisse Strafanzeige erstatten.

Die Experten hatten in ihren Stellungnahmen ausgeführt, dass sich
der Zustand der Zelle und des Leichnams Jallohs nach dem Brand nicht
ohne Einsatz geringer Mengen von Brandbeschleuniger wie etwa
Leichtbenzin erklären lasse. Auch sonst deute vieles darauf hin, dass
der Brand von dritter Hand gelegt worden sei. Zudem sei die Theorie
der Selbstanzündung so gut wie auszuschließen: Oury Jalloh sei
vermutlich bei Brandbeginn komplett handlungsunfähig oder sogar
bereits tot gewesen, so dass die Annahme, er habe das Feuer selbst
gelegt, nicht stichhaltig sein könne.

Bereits bei einer Anhörung des Rechtsausschusses im Magdeburger
Landtag am vergangenen Freitag war bekannt geworden, dass die
ehemaligen Ermittler aus Dessau den Fall Jalloh mittlerweile neu
bewerten, die federführenden Kollegen aus Halle aber auf Einstellung
des Verfahrens beharren. Eine daraufhin von den Linken geforderte
Akteneinsicht kam nicht zustande: Die Regierungskoalition aus CDU,
SPD und Grünen im Magdeburger Landtag lehnte das ab. Die
innenpolitische Sprecherin der LINKEN im Landtag von Sachsen-Anhalt,
Henriette Quade, spricht gegenüber MONITOR von "politischer
Blockadehaltung" und wiederholte ihre Forderung nach einem
Sonderermittler wie etwa im Fall des NSU. "Er sollte von außerhalb
von Sachsen-Anhalt kommen", sagte sie, "denn in Magdeburg ist von
Seiten des Justizministeriums kein Aufklärungswille zu erkennen."

Die Staatsanwaltschaft Halle war am Mittwoch für eine
Stellungnahme nicht mehr zu erreichen.



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