Juristische Grenzfälle / Wenn Gerichte über Mauern, Zäune und dergleichen entscheiden müssen (FOTO)

(ots) - 
   Menschen reagieren dann besonders empfindlich, wenn man ihnen zu 
nahe kommt. Das gilt auch im Immobilienwesen. Oft wird vor Gerichten 
erbittert gestritten, weil einem Grundstückseigentümer der Nachbar 
vermeintlich mit seiner Grenzbepflanzung zu nahe gerückt ist oder 
weil die "Demarkationslinie" auf andere Weise verletzt wurde.
   Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine 
Extra-Ausgabe neun Urteile deutscher Gerichte gesammelt, in denen es 
um diese Fragen geht. Mal ist es die Mauer, mal der Zaun und mal der 
Müllcontainer an der Grundstücksgrenze, der für Ärger sorgt.
   Einfriedungen sind aber nicht nur da, um die dahinter Wohnenden zu
schützen, sondern manchmal auch, um Außenstehende vor Schaden zu 
bewahren. Zum Beispiel dann, wenn sich ein Hund auf dem Grundstück 
aufhält. Das Oberlandesgericht Stuttgart (Aktenzeichen 1 U 38/10) 
musste entscheiden, ob das Schild "Hier wache ich! Betreten auf 
eigene Gefahr!" mit der Abbildung eines Hundes ausreicht, um dem 
Besucher klar zu machen, dass er keinesfalls das Gartentürchen öffnen
und das Grundstück betreten soll. Im konkreten Fall konnte man die 
Klingel nicht anders erreichen. Die Richter waren der Meinung, bei 
besonders aggressiven Hunden reiche die obige Warnung nicht aus. Hier
müsse zum Beispiel die Bissigkeit des Tieres eigens betont werden.
   Der Bürgersteig zählt, was die Verkehrssicherungspflicht betrifft,
in der Regel zum Verantwortungsbereich des Anliegers. Gerade im 
Winter kommt es bei Schnee, Eis und Glätte immer wieder zu Unfällen. 
Ein Hauseigentümer hatte eine besondere Gefahrenquelle geschaffen, 
indem er (durchaus ortsüblich) eine Regenwasserableitung vom Dach 
direkt auf den Bürgersteig führte. Prompt rutschte ein Passant am 
frühen Morgen auf der daraus entstandenen Eisplatte aus und verletzte
sich. Der Hauseigentümer habe seiner Verkehrssicherungspflicht nicht 
genügt, urteilte das Oberlandesgericht Naumburg (Aktenzeichen 2 U 
25/13). Er hätte neben dem Streuen auch noch mit Warnhinweis und 
eventuell mit Beleuchtung auf die Gefahrenstelle hinweisen müssen.
   Manche Grundstücksbesitzer leben geradezu in Symbiose miteinander,
weil ihre Hausmauern unmittelbar aneinander grenzen, teilweise sogar 
verbunden oder ineinander verzahnt sind. Was geschieht eigentlich, 
wenn der eine sein Gebäude abreißt und die (nicht isolierte) Mauer 
des anderen plötzlich "nackt" da steht? Das musste das 
Oberlandesgericht Dresden (Aktenzeichen 11 U 568/08) entscheiden. Es 
beschloss, dass der Verursacher des Abrisses und damit des Schadens 
an der gemeinsamen Grenzeinrichtung für eine fachgerechte Isolierung 
aufkommen müsse.
   Wenn ein Anwesen nicht genügend nach außen abgesichert ist, dann 
nehmen sich manche Zeitgenossen ziemliche Freiheiten heraus. So zum 
Beispiel das Parken auf einer gar nicht dafür vorgesehenen Wiese. Um 
das zu verhindern, beschloss eine Eigentümergemeinschaft, drei große 
Findlinge aufstellen zu lassen, die ein Befahren der verbotenen 
Fläche verhindert hätten. Ein Mitglied der Gemeinschaft klagte 
dagegen. Die Richter des Amtsgerichts Oberhausen (Aktenzeichen 34 C 
94/12) gaben ihm Recht. Das Aufstellen solch wuchtiger Steine stelle 
eine bauliche Veränderung dar, die nur einstimmig beschlossen werden 
könne. So blieb der Gemeinschaft als Alternative nur das Anpflanzen 
von Büschen oder das Aufstellen eines Zaunes.
   Die Fernwirkung von einem Grundstück auf das andere ist nicht zu 
unter-schätzen. So fühlte sich ein Hauseigentümer gestört, weil zwei 
25 Meter hohe Eschen, die auf öffentlichem Grund standen, sein 
Anwesen verschatteten. Der Fall ging bis vor die höchste Instanz, den
Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 229/14). Die Juristen 
entschieden, dass die beiden Bäume bleiben dürften, weil sie keine 
schwere und unerträgliche Beeinträchtigung darstellten. Außerdem sei 
die Natur in der Stadt wichtig für die Luft- und Lebensqualität.
   Eine vorausgegangene "böse Tat" führt unter Umständen dazu, dass 
man sich seiner eigenen Rechte beraubt. So ging es einem Autofahrer, 
der seinen PKW verbotenerweise auf dem Bürgersteig parkte. Es blieb 
deswegen nur noch ein schmaler Durchlass von etwa einem Meter. Prompt
kam ein siebenjähriges, Rad fahrendes Kind ins Schlingern und 
verursachte einen Schaden an dem Fahrzeug. Der Halter forderte Ersatz
von den Eltern, die ihre Aufsichtspflicht verletzt hätten. Das 
Amtsgericht München (Aktenzeichen 331 C 5627/09) sah das nicht so. 
Das habe sich der Betroffene selbst zuzuschreiben, er hätte sein 
Fahrzeug ja auch ordnungsgemäß parken können.
   Zwei Nachbarn in Bayern kamen über eine grenznahe Bepflanzung mit 
Elefantengras ins Streiten. Das Schilfgewächs, das mehrere Meter hoch
werden könne, stelle eine Beeinträchtigung dar, meinte der Kläger. Er
befürchtete, dass üppiges Wurzelwerk auf seinen Grund herüberwachsen 
könne, und dass die ausgetrockneten Blätter in der Hitze Feuer fangen
könnten. Beides betrachtete das Landgericht Coburg (Aktenzeichen 32 S
23/09) als nicht so dramatisch. Zudem handle es sich bei 
Elefantengras nicht um Bäume, Sträucher oder Hecken, weswegen die 
Vorschriften zur Grenzbepflanzung nicht anzuwenden seien.
   Anwohner eines Altenheims fühlten sich durch ein Müllcontainerhaus
an der Grundstücksgrenze beeinträchtigt. Von dort drängen 
Abfallgerüche herüber, Ungeziefer werde angelockt und die Deckel der 
Tonnen würden vom Personal auch nicht immer ordentlich geschlossen. 
Aber das Verwaltungsgericht Neustadt (Aktenzeichen 3 K 470/15.NW) 
ließ das Müllhäuschen bestehen. Das baurechtliche Gebot der 
Rücksichtnahme werde hier nicht verletzt. Die Errichtung des Gebäudes
sei sozialadäquat gewesen.
   Wenn der Grenzverlauf zwischen zwei Grundstücken nicht ganz klar 
ist, dann kann es schon mal zu folgenschweren Irrtümern kommen. So 
fällte ein Grundbesitzer mehrere Bäume, die die Nutzung des Anwesens 
störten. Was er nicht wusste: Er hatte auch Bäume aus öffentlichem 
Besitz geschlagen. Vor dem Oberlandesgericht Oldenburg (Aktenzeichen 
5 U 25/14) ging es darum, wer nun dafür haften müsse. Der zuständige 
Zivilsenat war der Meinung, das sei ein Fall für die 
Haftpflichtversicherung des Betroffenen, denn hier habe sich ein 
allgemeines Lebensrisiko verwirklicht.
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Datum: 18.04.2016 - 02:30 Uhr
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