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Landeszeitung Lüneburg: Mehr Cicero täte uns gut
Der Althistoriker Martin Jehne sieht die Robustheit der alten Römer im Umgang mit Schmähungen als vorbildlich an. Interview mit der Landeszeitung Lüneburg

ID: 1531012


(ots) - Von Joachim Zie

Th
"in der Zwangsjacke" aus dem Kanzleramt entfernt werden,
Parteikollege Peter Boehringer hat sie in einer E-Mail als "Dirne der
Fremdm" bezeichnet. Pegida-Anh
"Volksverr". W
diese Beschimpfungen entsetzt gewesen? Prof. Martin Jehne: Sie w
nicht v
R
ergehen lassen. Vor allem, wenn die Beschimpfungen nicht von
politischer Prominenz ge
einer Volksversammlung. Denn in der r
Staatsvolk als Inkarnation des Staates selbst, hatte deshalb auch
besondere Rechte. In Rom konnte der hochm
verachten, als Magistrat konnte er es durch sein Personal vom
B
nicht in den Momenten, in denen B
entgegentraten, etwa in Volksversammlungen, aber auch im Theater. Bei
diesen Gelegenheiten waren die Rollen so verteilt, dass das Volk die
Senatoren aufs H
der Moderne ist es nat
reklamiert, sie sei das Volk. Dennoch erlebten wir einen Nachhall,
als Sigmar Gabriel 2015 im s
kleinen Gruppe Fremdenhasser aufs
dann dazu hinrei"das Pack" zu titulieren. Die
Emp
in einer Volksmenge den Souver

Die soziale Schere klaffte in der r
auseinander wie heute... ... viel weiter!...

... War der Freibrief f
auch eine Art Ventil - eine Art institutionalisierter Karneval?
Tats
Unterhaltungseffekt - es gab ja sonst nicht viel. Theaterauff
fanden meist im Rahmen kultischer Feste statt. Sowohl die kultischen
Rituale als auch die Darbietungen auf der B
gelegentliche Dampfablassen mit Sprechch
dienten dazu, dem tristen Alltag zu entfliehen. Waren die
Herabsetzungen zwischen den Senatoren so regellos wie die "Hate
Speech" im Internet? Das nehme ich an. R
massivste Beleidigungen an den Kopf. Und in den
sehen wir nur Ausschnitte. Wenn etwa Cicero in einer Rede seinen
Erzfeind Clodius, der ihn einst ins Exil getrieben hatte,
attackierte, war einer seiner Standards, diesem Inzest mit seinen




Br
Beleidigungspraxis der R
aus.

Faszinierend, dass ausgerechnet Cicero, der heute als gl
literarischer und rhetorischer Stilist gilt, auch vor der groben
Keule nicht zur
Zeit, aber zweifellos auch der beste Schm
besonders schlagfertig, das war eine wichtige Qualit
damaligen Rededuellen vor Publikum.

Wurde im alten Rom auch
Auseinandersetzung diskutiert? Klar definierte Grenzen gab es nicht,
aber zumindest die Konzeption, dass das Publikum, das bei den
gegenseitigen Herabsetzungen der Senatoren zugegen war,
Reaktionen aufzeigte, was noch akzeptabel war und was nicht.
Erfolgversprechend war ein Protest gegen eine Beleidigung nur dann,
wenn nicht nur der Betroffene, sondern auch das Publikum
protestierte. Wir nennen dieses Kommunikationsmodell aus drei
Beteiligten die "invektive Triade". Ein Muster, das auch in den
sozialen Medien vorgefunden wird. Allerdings sind F
Publikum dem Beleidigten beispringt, in den Quellen kaum
dokumentiert. Meist herrschte Am

Grenzen muss es aber gegeben haben, immerhin begr
Schritt zum B
Ranges. Interessant ist zun
Feld f
die Beleidigung, die Caesar geltend macht, keine, die verbal gegen
ihn gerichtet wurde. Sie hatte also nichts mit den Anw
unter denen er seit seiner Jugend litt, dass er n
homosexuelles Verh
Das hatte Caesar
vielmehr beleidigt, weil er f
angemessene Anerkennung und Ehrerweisung erhalten habe.

Die R
ihren
Tradition... In der Tat. Schon im zweiten Jahrhundert vor Christus
hat der Kom
denen sich gewitzte St
haben. Eine herablassende Haltung gegen
zum Selbstverst"urbanitas" der
Hauptst"rusticitas" der Landbewohner gegen
Cicero hat Rom etwa als schm
nicht in der Haltung, dass man dies
der Resignation, in der aber auch ein bisschen Stolz mitschwingt.
Ihren Witz versahen die R"scharf", das auch f
ein gut gew

Tabu war f
des Teils, der in den Volksversammlungen, der Contio oder den
Comitia, pr
angesichts der faktischen Bedeutungslosigkeit des einzelnen B
gegen
Versammlungen als Institution gesehen, nicht als Gruppe wenig
imponierender Individuen. Da die formalen Beschl
Volksversammlung gefasst wurden, war das Volk also die letzte
Entscheidungsinstanz. Daher mussten Senatoren das versammelte Volk
mit Respekt behandeln. Wer als Senator das Volk in den
Arenen herabsetzte, musste mit Protest, sogar mit Gewaltausbr
rechnen. Eine Polizei gab es nicht. Zudem wurde, wer das Volk
bep

Verlor das Volk den Freibrief zum Beschimpfen im Kaiserreich, weil
dieser gottgleiche Regent unber
wurde die Schwelle erh
das Volk hungerte. Ausbr
seltener, fanden nun eher im Theater statt als in den
Volksversammlungen. Ein Grund war, dass sich die Politik nicht so
widerspr
Volksversammlungen kontr
Kaisertum konstruiert wie eine Fortf
wurde wegen der vermeintlich
eingefordert, nicht per se. So kam es bei Theaterauff
einmal zu Sprechch
h
Bedarf f
war das zwar ein Prestigeverlust f
der Waffen d
haben.

M
Sprache nicht l
sollten es n
den Auseinandersetzungen arrangieren. Allerdings gilt es, klare
Grenzen zu setzen. Was in einer Demokratie nicht geht, sind Vorw
mit biologistischem Hintergrund. Man darf Gruppen keine angeborenen
Eigenschaften zuschreiben, um sie zu diskriminieren. Gegen einen
derartigen Rassismus sind die betroffenen Menschen wehrlos. Aber die
Auseinandersetzungen in den Parlamenten d
sch
ver
Demokraten nicht auf sich sitzen lassen oder nur in Form von Emp
beantworten. Denn Rechtspopulisten integrieren ihre Anh
eben diese Grenz
Schulz gegen
September 2018, als er die AfD verbal auf "den Misthaufen der
Geschichte" warf, raubt den Populisten die notorische Siegerpose. Es
gilt zu belegen, dass die Demokratie auch auf dieser Ebene eine
gewisse Wehrhaftigkeit besitzt.

Wir brauchen mehr Cicero im Bundestag... ...Genau. Wenn man von
dessen Obsession aufs Sexuelle absieht, w
Cicero gut tun.

Zur Person

Prof. Martin Jehne (64) ist Althistoriker an der Technischen
Universit
und zu diesen auch auf dem 52. Historikertag gesprochen.



Pressekontakt:
Landeszeitung L
Werner Kolbe
Telefon: +49 (04131) 740-282
werner.kolbe(at)landeszeitung.de

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Datum: 10.02.2019 - 14:36 Uhr
Sprache: Deutsch
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