ROG: Aserbaidschanische Justiz muss Anschuldigungen gegen Fotojournalist fallenlassen
(ots) - Reporter ohne Grenzen ist besorgt über die jüngsten
Schikanen gegen den aserbaidschanischen Fotojournalist und Blogger 
Mehman Huseynow. Unbekannte verschleppten ihn am Montag in der 
Hauptstadt Baku und hielten ihn über Nacht in Gewahrsam. Zwar wurde 
er  am Folgetag freigelassen, ein Gericht verurteilte ihn jedoch zu 
einer Geldstrafe, weil er sich der Polizei widersetzt haben soll. 
Huseynow hat sich mit Recherchen über Korruption einen Namen gemacht 
und in den vergangenen Wochen Fotos von Villen veröffentlicht, die 
Regierungsmitgliedern gehören sollen (http://t1p.de/73nk).
   "Die unverhohlenen Repressalien gegen unabhängige Journalisten wie
Mehman Huseynow zeigen, dass Präsident Ilcham Alijew keine Kritik an 
seinem autoritären Führungsstil duldet. Medienschaffende werden unter
einem konstruierten Vorwand festgehalten und zu einer absurden Strafe
verurteilt, um sie einzuschüchtern", sagte ROG-Geschäftsführer 
Christian Mihr. "Wir fordern die Justiz auf, die Anschuldigungen 
gegen Mehman Huseynow fallenzulassen."
   Am Montagabend hatten Unbekannte in Zivilkleidung Huseynow im 
Stadtzentrum von Baku in ein Auto gezerrt. Mit verbundenen Augen 
wurde er zunächst vier Stunden im Auto festgehalten, wie die 
Nichtregierungsorganisation (NGO) Institute for Reporters'' Freedom 
and Safety (IRFS) bekannt gab (http://t1p.de/1hl8). Seine Entführer 
verpassten ihm Stromstöße, schlugen ihn bis seine Nase blutete und 
beleidigten ihn (http://t1p.de/73nk). Sie brachten Huseynow zu einer 
Polizeistation, wo er das Bewusstsein verlor und zusammenbrach. 
Nachdem ein Krankenwagen gerufen wurde, bekam der Journalist 
Schmerztabletten und Schlafmittel.
   Laut IRFS wurde er insgesamt 19 Stunden ohne Zugang zu einem 
Anwalt oder seiner Familie festgehalten. Am Dienstagnachmittag wurde 
Huseynow zu einem Gericht in Baku gebracht. Weil er sich der Polizei 
widersetzt haben soll, verurteilte ihn das Gericht zu einer 
Geldstrafe von umgerechnet 105 Euro. Der Blogger gab an, dass sich 
vor seiner Festnahme ein arbeitsloser Mann beschwert haben soll, 
Huseynow habe ihn angerempelt und beleidigt. Als die Polizei gerufen 
wurde, soll Huseynow ihre Anweisungen nicht befolgt haben.
   RECHERCHEN ÜBER KORRUPTION
   Huseynow, der Aserbaidschan wegen eines Reiseverbots nicht 
verlassen darf (http://t1p.de/iy1x), ist bekannt für seine 
Berichterstattung über politische Gewalt und seinen Einsatz für 
Informationsfreiheit. Er ist zudem sehr aktiv auf sozialen Netzwerken
(http://t1p.de/qr9z). Seine Videos haben Korruption unter 
hochrangigen Politikern aufgedeckt. In den vergangenen Wochen hat 
Huseynow Fotos von Villen gepostet, die Regierungsmitgliedern und 
Parlamentariern gehören sollen. Zudem interviewte er Bauarbeiter, die
diese Villen gebaut haben (http://t1p.de/73nk).
   Vergangene Woche verbreitete Huseynow laut IRFS einen Brief an die
Parlamentarische Versammlung des Europarates mit dem Aufruf von IRFS,
der aserbaidschanischen Delegation wegen des Vorwurfs der Bestechung 
durch zwei Mitglieder das Stimmrecht zu entziehen. Im Dezember hatte 
die European Stability Initiative einen Bericht über systematische 
Korruption und Bestechung im Europarat veröffentlicht 
(http://t1p.de/jimr). Zwei aserbaidschanische Mitglieder der 
Versammlung sollen laut dem Bericht den ehemaligen Vizepräsidenten 
der Versammlung bestochen haben.
   Im Mittelpunkt des Berichts steht eine Resolution aus dem Jahr 
2013, die die Freilassung politischer Gefangener in Aserbaidschan 
forderte. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hatte sie 
mit breiter Mehrheit abgelehnt und lediglich eine allgemeine 
Erklärung zur Menschenrechtslage dort verabschiedet. Der damalige 
deutsche Berichterstatter Christoph Strässer führte dies auf die 
massive Lobbyarbeit von aserbaidschanischer Seite zurück 
(http://t1p.de/j9f2).
   KONSTRUIERTE VORWÜRFE GEGEN JOURNALISTEN
   Unabhängige Journalisten in Aserbaidschan sind den willkürlichen 
Repressalien der Behörden ausgesetzt. Ende November 2016 war der 
Journalist Afgan Sadykhow in der südöstlichen Stadt Jalilabad 
verhaftet und wegen angeblich schwerer Körperverletzung beschuldigt 
worden (http://t1p.de/bf6m). Kurz vor seiner Verhaftung wurde er von 
lokalen Behörden vorgeladen. Nach seiner Ankunft wurde Sadykhow von 
einer Frau angegriffen und geschlagen, die danach gegen ihn Anzeige 
erstattete. Sadykhow Mutter sagte, die Polizei habe ihren Sohn 
gefoltert und ihre Bitte, ihn besuchen zu können, ignoriert. Sadykhow
sitzt weiterhin in Haft. Er ist Redakteur für die Webseite Azel.tv, 
die über Infrastruktur-Themen berichtet.
   Unter einem ähnlichen Vorwand ging die Polizei Ende November auch 
gegen Teymur Kerimow vor, einen Journalisten für die Webseite Kanal 
13. Er recherchierte gerade über Probleme bei der Wasserversorgung in
einem Dorf für Flüchtlinge aus der Region Bergkarabach, als ein 
Unbekannter begann, seine Interviewpartner zu bedrängen. Der Mann 
forderte sie auf, weder mit oppositionellen Journalisten zu sprechen 
noch die Regierung zu kritisieren, und beleidigte Kerimow. Der 
Journalist wurde zu einer Polizeistation gebracht, wo der Unbekannte 
Kerimow beschuldigte, ihn beleidigt und geschlagen zu haben. Die 
Polizei ließ Kerimow nach 10 Stunden in Gewahrsam frei, behielt 
jedoch seine Interviewaufzeichnungen und ermittelt laut Kerimow wegen
Körperverletzung.
   Ebenfalls Ende November wurde Zamin Gadji , oppositioneller 
Journalist der Zeitung Yeni Musavat zu einer Polizeistation in Baku 
vorgeladen. In einem Facebook-Eintrag hatte er verurteilt, dass vier 
prominente Mordfälle nicht aufgeklärt wurden, darunter auch der Mord 
an dem Journalisten Elmar Huseynov im Jahr 2005. Gadji weigerte sich,
den Beitrag zu löschen. Die Polizei warf ihm vor, die "soziale und 
politische Stabilität des Landes in Frage zu stellen", ließ ihn aber 
nach ein paar Stunden gehen.
   LANGJÄHRIGER FEIND DER PRESSEFREIHEIT
   Auch Exil-Medien stehen unter Druck. Im April 2016 ermittelten die
Behörden gegen den in Berlin ansässigen Exil-Sender Meydan TV wegen 
angeblicher Steuerhinterziehung (http://t1p.de/w9wa). Sie 
durchsuchten Wohnungen von Mitarbeitern und einige Journalisten 
durften das Land nicht verlassen (http://t1p.de/xiey). Der vom 
aserbaidschanischen Blogger Emin Milli 2013 gegründete Sender gehört 
zu den wenigen Quellen für unabhängige Informationen aus dem Land.
   Im September 2015 war der in Aserbaidschan für Meydan TV 
arbeitende 19-jährige Schirin Abbasow auf dem Weg zur Universität 
spurlos verschwunden (http://t1p.de/9qm2). Erst am folgenden Tag 
hatte seine Familie erfahren, dass ihn die berüchtigte Polizeieinheit
zum Kampf gegen organisierte Kriminalität festhielt. Ein Gericht 
verurteilte ihn wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu dreißig 
Tagen Gewahrsam. Im Februar 2014 wurde die gläserne Eingangstür und 
ein Fenster der Redaktionsräume in Berlin mit einem Stein 
eingeschlagen (http://t1p.de/0awq).
   Reporter ohne Grenzen zählt den aserbaidschanischen Präsidenten 
Ilcham Alijew seit Jahren zu den größten Feinden der Pressefreiheit 
weltweit (http://t1p.de/kd9g). Derzeit sitzen in Aserbaidschan 
mindestens acht Medienschaffende wegen ihrer Arbeit in Haft 
(http://t1p.de/l6tu). Auf der jährlichen Rangliste der Pressefreiheit
steht Aserbaidschan auf Platz 163 von 180 Staaten 
(http://t1p.de/ro6x). Weitere Informationen über die Lage der 
Journalisten im Land finden sie unter 
www.reporter-ohne-grenzen.de/aserbaidschan.
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Datum: 12.01.2017 - 06:51 Uhr
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