New England Journal of Medicine: Essener Wissenschaftler weisen Anpassungsfähigkeit des HI-Virus nach allogener Stammzelltransplantation nach
Bis zu drei Prozent der Weltbevölkerung verfügt über eine genetische Mutation, welche diese weniger anfällig für eine Infektion mit HIV macht. Werden sie dennoch infiziert, ist ihr Krankheitsverlauf häufig günstiger als bei anderen Patienten. Essener Wissenschaftler weisen nun erstmals nach, dass das HI-Virus sich gegen die Wirkung einer allogenen Stammzelltransplantation mit dieser Mutation wappnen kann. Durchgeführt wurde die Untersuchung an Einrichtungen der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen am Universitätsklinikum Essen (UK Essen).
(businesspress24) - Bis zu drei Prozent der Weltbevölkerung verfügt über eine genetische Mutation, welche diese weniger anfällig für eine Infektion mit HIV macht. Werden sie dennoch infiziert, ist ihr Krankheitsverlauf häufig günstiger als bei anderen Patienten. Essener Wissenschaftler weisen nun erstmals nach, dass das HI-Virus sich gegen die Wirkung einer allogenen Stammzelltransplantation mit dieser Mutation wappnen kann. Durchgeführt wurde die Untersuchung an Einrichtungen der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen am Universitätsklinikum Essen (UK Essen).
28 Jahre nach der Entdeckung des AIDS auslösenden HI-Virus kennt jeder bildliche Darstellungen der Prozesse im Körper bei einer Infektion: Das in den Körper eindringende Virus dockt an körpereigene Zellen an, auf die es zu passen scheint, wie ein Schlüssel in das dazugehörige Schlüsselloch. Tatsächlich nutzt das HI-Virus zwei Oberflächenmoleküle, um in menschliche Zellen einzudringen – die Rezeptoren CCR5 und CXCR4. Zwischen einem und drei Prozent aller Menschen weisen eine genetische Veränderung auf: Ihre Zellen verfügen nicht über die von den Viren bevorzugte „Andockstation“, den CCR5-Rezeptor. In der Folge kann das HI-Virus nicht so gut, bzw. ausschließlich über den CXCR4-Rezeptor in ihre Zellen eindringen. Zwar ist auch bei diesen Menschen eine Infektion möglich, tritt aber seltener auf. Und kommt es zu einer Ansteckung, zeigen sie häufiger einen günstigeren Krankheitsverlauf. Über eine allogene Stammzelltransplantation lässt sich der CCR5-Rezeptor auch bei denjenigen Patienten ausschalten, die ursprünglich nicht über die Mutation verfügen.
Wie in der aktuellen Ausgabe des renommierten New England Journal of Medicine berichtet wird, haben Wissenschaftler am UK Essen nun einem HIV-positiven Patienten, der in Folge seiner AIDS-Erkrankung Lymphdrüsenkrebs entwickelte, Stammzellen einer Fremdspenderin transplantiert, die diese Mutation aufwies – dadurch wurde der CCR5-Rezeptor nicht mehr ausgebildet. Die Essener Forscher Dr. med. Dr. phil. Lambros Kordelas, Klinik für Knochenmarktransplantation, PD Dr. Jens Verheyen, Institut für Virologie, und Dr. Stefan Esser, Klinik für Dermatologie und Venerologie, konnten dabei jedoch einen bislang unbekannten Einfluss der Stammzelltransplantation auf das HI-Virus belegen: Präferierten die HI-Viren vor der Stammzelltransplantation überwiegend den CCR5-Rezeptor, um sich im Körper auszubreiten, zeigten sie in der Folge eine deutliche Präferenz für den CXCR4-Rezeptor. Diese Anpassung hatte somit dazu geführt, dass HIV sich nun auch in Zellen vermehren konnte, die nur das Oberflächenmolekül CXCR4 besitzen.
Bereits 2009 war in Berlin ein an Blutkrebs erkrankter HIV-positiver Patient einer vergleichbaren allogenen Stammzelltransplantation unterzogen worden. Trotz Absetzen seiner antiretroviralen Therapie ist der sogenannte Berliner Patient seither virusfrei und gilt weltweit als der Einzige, bei dem von einer „Heilung“ der HIV-Infektion ausgegangen wird. Bisher wurde vermutet, dass die Mutation in Bezug auf den CCR5-Rezeptor entscheidend zu seiner HI-Virusfreiheit beigetragen hat. Die Essener Ergebnisse belegen aber, dass durch eine derartige Stammzelltransplantation eine Selektion der CXCR4-Variante erfolgen kann. Dies ist auch deshalb in der aktuellen AIDS-Forschung relevant, da in Studien durch gentechnische Manipulationen eigener Blutzellen der Patienten versucht wird, eine CCR5-Delta32-Mutation zu induzieren. Weitere Forschung muss nun konkretisieren, welche HIV-Patienten von diesem Therapieansatz tatsächlich profitieren können.
Quelle: Kordelas L, Verheyen J, Esser S: Shift of HIV Tropism in Stem-Cell Transplantation with CCR5 Delta32 Mutation. N Engl J Med. 2014 Aug 28; 371(9): 880-882
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Über das Universitätsklinikum Essen (UK Essen)
Als Krankenhaus der Maximalversorgung ist das Universitätsklinikum Essen (UK Essen) heute das größte an einem Standort zentrierte Universitätsklinikum des Ruhrgebiets und damit das „Klinikum der Metropole Ruhr“. Jedes Jahr werden rund 50.000 Patientinnen und Patienten in den 1.300 Betten stationär und 165.000 ambulant behandelt. 5.800 Experten der unterschiedlichsten Disziplinen in 27 Kliniken und 22 Instituten sind der Garant für eine exzellente und interdisziplinär angelegte Diagnostik und Therapie auf dem neuesten Stand der Forschung. Der Dreiklang aus Forschen, Lehren und Krankenversorgung bildet die übergreifende Klammer sämtlichen Wirkens am UK Essen – im Mittelpunkt steht dabei stets der Mensch. Neben den Forschungsgebieten Genetische Medizin, Immunologie und Infektiologie konzentriert sich das UK Essen seit Jahren erfolgreich auf die drei Schwerpunkte Onkologie, Herz-Kreislauf und Transplantation. Mit dem Westdeutschen Tumorzentrum Essen, Deutschlands größtem Tumorzentrum und onkologischem Spitzenzentrum der Deutschen Krebshilfe, dem Westdeutschen Herzzentrum Essen, in dem jährlich mehr als 2.000 Operationen durchgeführt werden, und dem international führenden Zentrum für Transplantation, in welchem mit Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse, Herz und Lunge alle lebenswichtigen Organe transplantiert werden, verfügt das UK Essen über eine herausragende Aufstellung.
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Datum: 04.09.2014 - 05:50 Uhr
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